Mittwoch, 25. März 2009

Solothurner Gefängnisskandal

«Ich kann hier nicht raus»

23.03.2009 Komm zu mir, sagt die Grossmutter, als Nina sie anruft. Doch Nina ist im Knast. War ihr Anruf ein versteckter Hilferuf?
Nina* (14), das Mädchen aus dem Knast: Zwei Nächte hat sie im Skandal-Gefängnis Bleichenberg bei Zuchwil SO verbracht. Bei Knacki Franco C. (37), ihrem leiblichen Vater. Mit zwei anderen Gefangenen (32, 26) soll sie Sex gehabt und Drogen genommen haben (im BLICK).

Die unglaublichen Zustände in einer Schweizer Haftanstalt – jetzt enthüllen Ninas Mutter und ihr Adoptivvater neue Details des Skandals. Sie wollen unerkannt bleiben – weil sie Angst vor Franco C. haben. Angst vor seiner Rache, wenn er wieder frei ist.

«Ich habe etwas genommen»

Die Mutter erzählt, dass Nina an jenem 28. Februar, als sie in den Knast Bleichenberg geschmuggelt wurde, ihre Grossmutter angerufen habe: «Ich kann dir nicht sagen, wo ich bin, Omi.» Das Grosi bietet der Enkelin, die mal wieder aus dem Heim ausgerissen ist, an, zu ihr zu kommen. «Das geht nicht», sagt Nina, «ich kann hier nicht raus. Ich habe etwas genommen.»

Was das Kind «genommen» hat, wird später bei einem Urintest klar – Drogen! Im Knast werden Heroinbriefchen gefunden! Die Vorgänge im Knast, die Angst um Nina machen die Mutter krank. Sie hat sich von Ninas «Erzeuger» vor der Geburt getrennt. Er wollte das Baby nicht, zahlte nie Unterhalt, meldete sich nie.
http://www.blick.ch/news/schweiz/ninas-knast-anruf-ich-kann-hier-nicht-raus-115064
Aber Nina wuchs in einer intakten Familie auf. Vor 11 Jahren heiratete die Mutter, ihr Mann adoptierte Nina 2004. Für Nina ist er der Vater, und wenn er von Nina spricht, strahlt er. «Sie hat unser Cabrio geliebt. Schon mit vier wollte sie ständig mitfahren, sagte zu mir: ‹Daddy, tue s’Dach abe!› und streckte den Kopf in den Wind.» Die Mutter: «Nina war ein ganz normales Mädchen. Ein fröhliches Kind. Sie war unsere Prinzessin.»

Bis Februar 2008. «Dann war es, als ob in ihr ein Schalter umgelegt worden wäre», sagt ihr Adoptivvater. Ihr Mädchen ist plötzlich ein anderer Mensch. «Wir wissen bis heute nicht, was mit ihr passiert ist». Nina will sich nichts mehr sagen lassen, rebelliert, ritzt sich die Haut, droht mit Selbstmord. In ihrer Not geben die Eltern Nina in eine jugendpsychiatrische Anstalt. «Ein Fehler», sagen sie heute.(...)

Ninas Eltern haben Angst. Angst vor Franco C., der im Knast jetzt Ärger hat. Der Staat, haben die Eltern gelernt, kann weder sie noch Nina schützen.
*Name von der Redaktion geändert
http://bazonline.ch/wirtschaft/unternehmen-und-konjunktur/Zustaende-im-SkandalGefaengnis-werden-untersucht/story/24809971
Zustände im Skandal-Gefängnis werden untersucht
: Die Aussenstation der Solothurner Strafanstalt Schöngrün wird nun durchleuchtet.
Vergangene Woche ist bekannt geworden, dass in der Aussenstation der solothurnischen Strafanstalt Schöngrün einige Häftlinge ein und aus gehen konnten, mutmasslich Drogen konsumierten und dass ein Insasse seine 14-jährige leibliche Tochter in der Aussenstation versteckt hielt. Nun fordert die Solothurner SVP per sofort den Rücktritt des sozialdemokratischen Gefängnisdirektors Peter Fäh und wirft dem politisch verantwortlichen Regierungsrat Peter Gomm, ebenfalls Sozialdemokrat, «Kuschelmentalität» vor.

http://www.20min.ch/news/bern/story/Gefaengnis-Direktor---Vorwuerfe-sind-Quatsch--13220699

Akt. 25.03.09; 07:25 Pub. 24.03.09

Missbrauch im Knast

Gefängnis-Direktor: «Vorwürfe sind Quatsch»

Der Direktor der Strafanstalt Schöngrün steht am Pranger: Eine Administrativuntersuchung wurde bereits eingeleitet. Politiker fordern seinen Kopf und Angestellte wollen längst auf die Missstände hingewiesen haben. Er selbst ist überzeugt: «Wir haben alles richtig gemacht.»
Drogen, Handys, Prostitution - auch vier Tage nach Bekanntwerden lassen die Vorkommnisse in der Aussenstation Bleichenberg der solothurnischen Strafanstalt Schöngrün die Wogen hochgehen: Die Solothurner Politiker sind schockiert ob der Zustände in der Strafanstalt und fordern den Kopf des Direktors (20 Minuten Online berichtete).
Mehr:

http://www.20min.ch/news/bern/story/Gefaengnis-Direktor---Vorwuerfe-sind-Quatsch--13220699

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Der sexuelle Missbrauch eines minderjährigen Mädchens, das mit Drogen gefügig gemacht wird, wie es aussieht nach den bisherigen Berichten, ist für so manchen Schweizer Internet-User und Kinderpornokonsumenten aber kein Missbrauch. Es wird auch darüber diskutiert, ob „Sex mit einer 16jährigen“ überhaupt strafbar sei.
Das Mädchen ist aber 14. Schon der Gedanke, dass sie vom kriminellen Vater zum Besuch in den Knast gelockt wurde und dort an einen Serben und einen Türken ausgeliefert wurde von einem Mann, vor dem die Mutter des Mädchens Angst hat, ist derart widerwärtig - auch wenn sie 16 gewesen wäre. Hier offenbart sich eine weit verbreitete Rudelmentalität einer gewaltbrodelnden Pornogesellschaft, angesichts von deren Früchten man dann die erstaunte Frage stell, woher die denn alle die Täter kommen (die ja nur nachmachen müssen, was sie sich jederzeit in Killer- und Gewaltpornovideos vorgeführt bekommen und was en masse konsumiert wird). Allein die Fragen nach dem Schutzalter zeugen in diesem Fall von einer ekelerregenden zynischen Verrohung. Zwar empfindet ein Teil der Bevölkerung diese dehumanisierten und dehumanisierenden Zustände noch als Skandal, aber ein nicht geringer Teil ergötzt sich ganz ungeniert daran. So wie die zahlreichen Kinderpornokonsumenten, wie alle die Puffkunden, die sich am Elend und am Ekel der verkauften menschlichen Kreatur begeilen. Das ist die Realität, die bei den recht scheinheiligen Talk-Runden über Gewalttäter („Was können wir dagegen tun?“) sorgfältig ausgeblendet wird – die Lust an der Gewalt und das Vergnügen am Missbrauch von Kindern kaum beim Namen genannt wird. Sie gilt als abartig, ist aber so weit vertreitet wie die Nachfrage nach den perversesten Gewaltdarstellungen zur Normalität geworden ist. Alle Forderungen nach gesetzlicher Einschränkung ernten regelmässig Hohn und Spott. Denn es sind Männerbedürfnisse, die hier befriedigt werden, und die sind unantastbar.